Dennis Werner, Arzt in Weiterbildung am KRH Klinikum Neustadt am Rübenberge hat in seinen 31 Lebensjahren bereits mehr Hürden überwunden als viele andere Menschen. Heute arbeitet er als Notarzt – und das, obwohl er im Rollstuhl sitzt.
Als Kind wurde er mit einer Muskeldystrophie diagnostiziert. Das ist eine Muskelerkrankung, die zu einem fortschreitenden Verlust der Muskelkraft führt. Einen Großteil seiner Kindheit verbrachte er deshalb in Krankenhäusern. „Diese Erfahrung hat mich geprägt und mir wurde klar, wie wichtig eine einfühlsame und kompetente medizinische Betreuung ist“, sagt er. Diese Einsicht wurde zur treibenden Kraft hinter seinem Wunsch, selbst Arzt zu werden und seinen Mitmenschen helfen zu können.
Sein Medizinstudium absolvierte Werner von 2013 bis 2019 an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Nun arbeitet er als Assistenzarzt in der Inneren Medizin am KRH Klinikum Neustadt am Rübenberge. „Ich bin auf verschiedenen Stationen unterwegs – in der Notaufnahme und der Intensivstation. Die Bandbreite der internistischen Ausbildung finde ich spannend. Hier ist es mir möglich, in vielen verschiedenen Bereichen wertvolle Erfahrungen zu sammeln“, sagt Werner.
Werner kommt gebürtig aus Hameln, wo er immer noch lebt. Zur Arbeit fährt er mit dem Auto – weder durch den Rollstuhl noch durch die einstündige Fahrt lässt er sich davon abhalten. Ebenso wenig wie von seiner Arbeit als Notarzt: „Mit Krücken kann ich ein wenig gehen und stehen, was es mir ermöglicht, der Arbeit im Notarztdienst mit vollem Engagement nachzugehen“, erzählt er.
Um als Notarzt arbeiten zu können, muss man sechs Monate auf einer Intensivstation arbeiten, sich in einer klinischen Ausbildung befinden und verschiedene Kurse besuchen. Zum Schluss kommt dann die Prüfung vor der Ärztekammer. Ein guter Notarzt sollte, laut Werner, bestimmte Eigenschaften mitbringen. Dazu zählen für ihn: eine hohe Expertise sowie die nötige Flexibilität. Er sollte Ruhe ausstrahlen und die Fähigkeit haben, Sicherheit zu vermitteln.
Werner schätzt den fachübergreifenden Aspekt in der Arbeit eines Notarztes. Dieser ermöglicht ihm, Einblicke in verschiedene medizinische Bereiche zu gewinnen. Bei seinen Einsätzen begleitet ihn immer eine Notfallsanitäterin oder ein Notfallsanitäter. Die Kolleg*innen steuern das Fahrzeug und unterstützen ihn bei allen medizinischen und organisatorischen Aufgaben.
„Patient*innen reagieren durchweg positiv auf mich, oft ist es sogar Faszination für meine Entscheidung, trotz meiner Krankheit dieser Arbeit nachzugehen, die mir entgegengebracht wird“, sagt Werner. Er habe bisher keine negativen Reaktionen erlebt, was seine Kompetenz und seine Fähigkeit Vertrauen zu schaffen unterstreicht. Die Lebenssituation von Werner dient einigen Patient*innen zudem als Motivation, sich nicht von den eigenen Lebensumständen abhalten zu lassen, den eigenen Weg zu gehen.
Innerhalb seines Teams in Neustadt erfährt Werner ein harmonisches Miteinander. Die Mitarbeitenden sind gut aufeinander eingestellt, sodass Aufgaben, die Werner aufgrund seiner Einschränkung nicht eigenständig bewältigen kann, reibungslos von anderen übernommen werden, beispielsweise der Patiententransport. „Bis zu meinem Facharzt möchte ich auf jeden Fall am KRH Klinikum Neustadt bleiben. Ich fühle mich dort gut aufgehoben. Es ist ein sehr familiäres Umfeld“, berichtet Werner.
Als Ausgleich verbringt Werner seine freie Zeit mit Rollstuhl-Basketball bei HannoverUnited. Seit fast neun Jahren ist er diesem Sport verbunden und hat sogar in der zweiten Bundesliga gespielt. Für Werner lässt sich dieses Hobby gut mit seiner beruflichen Laufbahn vereinbaren, auch wenn es durch die Schichtarbeit nicht immer leicht ist, Zeit fürs Training zu finden. Er trainiert zweimal pro Woche. Während der Saison in der Winterzeit ist er oft unterwegs, beinahe jedes zweite Wochenende reist er zu Auswärtsspielen und lebt seine Begeisterung für diesen Sport intensiv aus.
Werner vermutet, dass seine fortschreitende Erkrankung ihn irgendwann hindern wird, weiterhin als Notarzt zu arbeiten, behält aber eine optimistische Lebenseinstellung: „Es gibt wenige unüberwindbare Hürden. Wenn man die Entschlossenheit hat und die richtige Einstellung mitbringt, ist alles möglich. Deshalb bin ich meinem Chef Herrn Vieregge und meinen Kolleg*innen sehr dankbar, dass sie es mir ermöglicht haben, hier zu arbeiten.“