
Die Patientin und ihre beiden Ärzte: Prof. Dr. Florian Fuller, Lisa Krügel und Oberarzt Dr. Stefan Fröhlich (v.l.) zehn Tage nach erfolgreicher Blasenentfernung.
Lisa Krügel, 90 Jahre, hat Blasenkrebs und leidet unter Blutungen und Harnstau. Die Entfernung der Blase ist die einzige sinnvolle Therapie – doch in diesem hohen Alter birgt die OP hohe Risiken. Mit Hilfe der minimalinvasiven, robotisch unterstützten Da-Vinci-Methode gelingt der Klinik für Urologie am Klinikum Robert Koch Gehrden der Eingriff ohne Komplikationen. Ein Interview mit dem Operateur, Chefarzt Prof. Dr. Florian Fuller.
Herr Prof. Fuller, warum war dies ein risikoreicher Eingriff?
Fuller: Jegliche Komplikation bei einer großen OP durch die Bauchhöhle kann bei einer so betagten und fragilen Patientin fatale Folgen haben. Wenn intraoperativ versehentlich der Darm oder große Blutgefäße verletzt werden, kann es passieren, dass sich eine 90-jährige hiervon auf der Intensivstation kaum noch erholt, während ein jüngerer Patient solche Komplikationen besser verkraften könnte.
Gab es angesichts dieses hohen Risikos denn keine Alternative als die Blase zu entfernen?
Fuller: Da es sich bei Frau Krügel um einen muskelinvasiven Blasenkrebs handelt, sind die lokalen Maßnahmen zur Beherrschung der Probleme ausgeschöpft. Die Patientin litt bereits unter starkem Blutverlust aus der Blase und einem Harnstau mit Notwendigkeit einer Harnableitung durch einen Nierenfistelkatheter. Beides sind Komplikationen des Blasenkrebses, die gefährlich werden können, aber die in erster Linie die Lebensqualität einer so betagten Patientin enorm einschränken. Das Ziel der operativen Blasenentfernung war hier nicht primär die Heilung vom Blasenkrebs, sondern die Beseitigung der Komplikationen mit Rückgewinn an Lebensqualität. Wir haben das natürlich im Vorfeld ausführlich und wiederholt mit Frau Krügel und ihrem Sohn besprochen, insbesondere hinsichtlich des Nutzens und der Risiken der operativen Blasenentfernung.
Hatten Sie Bedenken, die OP angesichts des hohen Alters der Patientin durchzuführen?
Fuller: Ja. Eine gründliche Nutzen-Risiko-Abwägung zusammen mit Patientin und Angehörigen ist in so einem Grenzfall unabdingbar. Was den Ausschlag für die OP gegeben hat, war die relativ gute körperliche Verfassung von Frau Krügel und ihr starker Wunsch nach Wiedererlangung von Lebensqualität. Erleichtert wurde die Entscheidung für die OP durch unsere hohe Expertise mit der Anwendung der schonenden, robotergeschützten da Vinci OP-Methode, die eine hohe Präzision, mit geringem Blutverlust und schneller Rekonvaleszenz nach der OP mit sich bringt. Das Einzige, worauf sich Frau Krügel nach der OP einstellen musste, waren zwei kleine Urinbeutel, die über die Harnleiter-Haut-Fisteln auf die Bauchdecke geklebt werden, um den kontinuierlich fließenden Urin aufzufangen. Dies ist für Patienten in dem Alter die einfachste und sicherste Art der Harnableitung nach Blasenentfernung.