
Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland waren in Wunstorf zu Gast: (v. l.) Roland Kogge (Rechtsanwalt Hannover) Dr. Guntram Knecht (Hamburg), Andreas Tänzer (Ausrichter und Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am KRH Klinikum Wunstorf), Dr. Dirk Hesse (Moringen), Jutta Muysers (Sprecherin des Arbeitskreises Forensische Psychiatrie der Bundesdirektorenkonferenz), Dr. Udo Frank (Ravensburg), Dr. Dita Zimprichova (Duisburg)
Im Mai 2022 waren Chefärztinnen und Chefärzte aus Forensischen Kliniken aus ganz Deutschland in der KRH Psychiatrie Wunstorf zu Gast. Sie waren der Einladung von Andreas Tänzer, Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, gefolgt. Bei Ihrer Tagung ging es um Versorgungsaufträge, Vernetzung und Prävention. Beteiligt waren auch Experten aus dem sozialpsychiatrischen Verbund der Region Hannover. Gemeinsam thematisierten sie in mehreren Vorträgen eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen forensischer und allgemeiner Psychiatrie. Tatsächlich weisen wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass immer mehr psychisch Kranke in solche zumeist mehrjährigen Behandlungen eingewiesen werden. Gleichzeitig gibt es keine Anhaltspunkte für eine Zunahme der von dieser Gruppe ausgehenden Gefährdung.
Intensiv diskutierten die Expertinnen und Experten, wie die Behandlungsdauer verkürzt werden kann und welche Präventionsmöglichkeiten bestehen, um bereits im Vorfeld ein weiteres Abgleiten in psychische Erkrankungen mit entsprechenden Fehlhandlungen zu verhindern. Vielversprechende Ansätze gibt es derzeit in anderen europäischen Ländern. Hier wurden Beispiele aufgezeigt, bei denen durch intensive aufsuchende ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Hilfen, welche die Betroffenen über Hilfsmöglichkeiten nicht nur informieren, sondern sie ihnen konsequent nahelegen, effektiv geholfen werden kann. „Durch eine Verbesserung der Vernetzung zwischen allgemeiner und forensischer Psychiatrie können Straftaten verhindert werden“, so die Einschätzung des ausrichtenden Chefarztes Tänzer. Aufsuchende psychiatrische Ambulanzen würden letztlich opferpräventiv wirksam sein. Am Ende, so seiner Überzeugung, sei es weit kostengünstiger, diese Arbeit zu intensivieren, als immer neue Klinikplätze zu schaffen, für die kaum ausreichend Fachpersonal zur Verfügung stehe. Auch die Sprecherin des Arbeitskreises Forensische Psychiatrie der Bundesdirektorenkonferenz, Jutta Muysers, zog eine positive Bilanz der Fachveranstaltung und bekräftigte, dass eine solche Entwicklung den betroffenen Patienten und ihren Angehörigen zu Gute kommen könne und gleichzeitig die Sicherheit der Allgemeinheit stärke.
In forensischen Krankenhäusern werden zumeist männliche Patienten behandelt, die schuldgemindert oder schuldunfähig im Zustand psychischer Erkrankung Straftaten begangen haben und von Sachverständigen und Gerichten als für die Allgemeinheit gefährlich eingeschätzt werden. Diese Art der Behandlung und Unterbringung nennt sich auch „Maßregelvollzug“. Das Ziel der gerichtlich angeordneten Therapie ist die Beseitigung ihrer Gefährdung für Dritte. In Wunstorf werden knapp 100 Patient*innen forensisch behandelt, weitere 150 Patient*innen sind in der forensischen Nachsorgeambulanz angebunden.