Schnarchen ist eine Volkskrankheit – aber bei weitem keine harmlose. Bei starken Schnarchern kann es zur sogenannten Schlafapnoe kommen. Die Atemaussetzer beim Schnarchen sind dabei so lang, dass es zu einer kritischen Sauerstoffuntersättigung kommt. Der Körper reagiert darauf mit der Ausschüttung von Stresshormonen und der Schlaf ist dauerhaft nicht erholsam. Die Chancen auf gefährliche Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall steigen enorm. Im KRH Klinikum Nordstadt wurde jetzt erstmals in der Region Hannover ein Zungennerv-Stimulator bei einer Patientin mit Schlafapnoe eingesetzt. Die Operation, die nur in wenigen spezialisierten Zentren in Deutschland durchgeführt wird, ist erfolgreich verlaufen. „Wir sind sehr gespannt zu hören, wie sich langfristig die Symptome der Patientin verbessern und wie gut sie zum gesunden erholsamen Schlaf zurückfindet“ erklärt Prof. Dr. Dr. Hans-Jürgen Welkoborsky, der Chefarzt der HNO-Klinik.
Positiver Einfluss auf Schnarchen und Sauerstoffversorgung
Der Stimulator arbeitet im Grunde wie ein Herzschrittmacher, nur dass er eben nicht das Herz, sondern einen Teil der Zungenmuskulatur ansteuert. „Das Prinzip besteht darin, dass die Zunge mittels der Schrittmacherimpulse nach vorne verlagert wird, wodurch sich der Schlund öffnet, so dass der Patient besser atmen kann. Das hat positive Auswirkungen sowohl auf das gefährliche Schnarchen wie auch auf die Sauerstoffversorgung“ erläutert Welkoborsky. Der Stimulator besteht aus einem Generator und mehreren Elektroden, die im Rahmen eines mikrochirurgischen Eingriffs sehr selektiv an einzelne Fasern des Nervs angeschlossen werden. Wird der Stimulator aktiviert, führt er nur während der nächtlichen Einatmungsphase über elektrische Impulse zu einer Bewegung der Zunge nach vorn, sodass der Rachen zum Atmen wieder geöffnet ist.
Patienten müssen auf Eignung geprüft werden
Der Zungennerv-Stimulator ist eine noch relative neue Form der Behandlung der Schlafapnoe. Eine der bislang häufigsten angewandten Methoden ist eine Überdruckmaske, die im Schlaf getragen wird – doch diese Technik hat ihre Grenzen. “Zahlreiche Patienten tolerieren diese Therapie nur eingeschränkt“, weiß Dr. Hartmut Möbius, der den Zungennerv-Stimulator bei der ersten Patientin eingesetzt hat. Aber nicht jeder Patient ist geeignet für die Therapie, so Möbius: „Für Patienten mit hochgradigem Übergewicht besteht derzeit keine Zulassung. Und gegen das normale Schnarchen – also ohne die gefährliche Schlafapnoe – gibt es ein breites Spektrum anderer Behandlungsmöglichkeiten.“ Um herauszufinden, ob der Zungennerv-Stimulator geeignet ist für einen Patienten, wird dieser einigen speziellen Untersuchungen unterzogen: Dr. Möbius und sein Team führen hierzu endoskopische Untersuchungen durch, mit deren Hilfe während des Schlafens die Bewegungen des Schlundes und der Zunge aufgezeichnet werden. „Damit können wir analysieren, wo bei einem Patienten das größte Problem lokalisiert ist und ob es bei einer potentiellen Zungennerv-Stimulation zu einer sicheren Vorwärtsbewegung der Zunge kommen würde“, so Möbius.
Drittes Bioimplantat-Verfahren
Der Zungennerv-Stimulator ist eines der innovativsten Verfahren mit sogenannten Bioimplantaten. Die HNO-Klinik im Klinikum Nordstadt verfügt mit den Cochlea Implantaten für Patienten mit Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit sowie den Vagusnerv-Stimulatoren für bestimmte Patienten mit Epilepsie bereits über ein breites Erfahrungsspektrum im Einsatz solcher Technik.