„Die Seele des Menschen liegt im Magen-Darmtrakt“, sagt Dr. Christoph Grotjahn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin im KRH Klinikum Großburgwedel. Bei Befindlichkeitsstörungen reagiert der Körper bei vielen Menschen mit Bachschmerzen. Solange es nur vorübergehender Stress ist, der uns aus dem Gleichgewicht bringt, können wir uns in der Regel selber helfen. Ruhepause, Durchatmen, Entspannungsübungen, eine Wärmflasche vielleicht.
Doch wenn die Schmerzen anhalten, es nach dem Essen regelmäßig drückt oder brennt, kann dies ein Anzeichen u.a. für eine entzündete Magenschleimhaut oder ein Magen- oder 12-Fingerdarmgeschwür sein, betont Chefarzt Grotjahn. Das im Medizinerdeutsch “Ulcus ventriculi“ bzw. Ulkus duodeni genannte Geschwür gehört zu den häufigsten Erkrankungen des Magen-Darmtrakts. Es handelt sich dabei um eine tiefe Wunde in der Schleimhaut, die den Magen von innen auskleidet. Weil durch Nahrungsaufnahme die Säureproduktion des Magens stärker als normal angeregt wird, kommt es im Bereich des Geschwürs zu Schmerzen, da es wie eine offene Wunde auf die Säure reagiert. Manchmal puffert die Speise aber auch die Magensäure, so dass die Beschwerden nach dem Essen nachlassen – klassischerweise bei den Duodenalgeschwüren. Magengeschwüre treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen und meist nach dem 40. Lebensjahr.
Eine der häufigsten Ursachen, die zum Magengeschwür, v.a. aber zum Duodenalgeschwür führen kann – aber nicht muss – ist seit Anfang der 1980-er Jahre bekannt: Das Bakterium Helicobacter pylori. Die Australier Barry Marshall und Robin Warren haben das Bakterium erstmals 1982 in Australien aus Magenbiopsien isoliert und wurden für diese Entdeckung im Jahre 2005 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Das Bakterium greift den natürlichen Schutzmantel des Magens an und löst zunächst eine Entzündung der Magenschleimhaut aus, erläutert Grotjahn. Besteht diese über lange Zeit und kommen weitere Reize wie Nikotinkonsum oder Belastungen durch Medikamente hinzu, kann sich ein Magen- oder Duodenalgeschwür bilden. Als potenziell magenschädigend gelten „nichtsteroidale Antirheumatika“ wie Diclofenac, Voltaren oder Aspirin (Wirkstoff ASS). Zu den eher magenverträglichen Schmerzmitteln zählen zum Beispiel Paracetamol oder Novalgin.
Auch andauernder Stress und psychische Belastungen können den Magen so stark reizen, dass ein Geschwür entsteht. Hoher Stress führt zu einem Ungleichgewicht zwischen schützenden und schädigenden Faktoren, die im lebensunfreundlichen Milieu des Magens, in dem ja Salzsäure produziert wird, neutralisierend wirken müssen, damit die Schleimhaut nicht zu Schaden kommt.
Bei Verdacht auf ein Magengeschwür, ist eine Magenspiegelung (Gastroskopie) unbedingt geboten, so Grotjahn. Die Untersuchung erfolgt mithilfe eines sogenannten Gastroskops. Dies ist ein flexibler Kunststoffschlauch von Kleinfingerdicke, den der Arzt dem Patienten über den Rachen einführt und über die Speiseröhre und Magen bis in den Zwölffingerdarm vorschiebt. Mittels einer Optik kann die Schleimhaut beurteilt werden und über einen Arbeitskanal Proben entnommen werden. Die meisten Patienten bekommen von der Untersuchung gar nichts mit, weil sie sich für eine sogenannte „Schlafspritze“ entscheiden. Bei der Spiegelung kann der Arzt nicht nur das Geschwür beurteilen, sondern auch eine Gewebeprobe (Biopsie) der Magenschleimhaut entnehmen. So kann schnell geklärt werden, ob das Bakterium Helicobacter pylori das Geschwür verursacht hat. Anhand der Gewebeprobe kann auch untersucht werden, ob es sich bei den Veränderungen der Magenschleimhaut um ein gutartiges Geschwür handelt oder ob Magenkrebs (Magenkarzinom) vorliegt.
Wird ein Geschwür diagnostiziert, gehören Protonenpumpenhemmer (Magensäureblocker) zur medikamentösen Standardtherapie. Seit dreißig Jahren sind hochwirksame Säureblocker auf dem Markt, die zu den meistverkauften Medikamenten zählen. Wenn in der Gewebeprobe das Bakterium Helicobacter gefunden wird, bekommt der Patient zusätzlich Antibiotika verschrieben. Die Zunahme von Antibiotikaresistenzen, also Unwirksamkeit bestimmter oder mehrerer Antibiotikavarianten, erfordert eine individuell auf den Patienten abgestimmte Therapie, hebt Chefarzt Grotjahn hervor.
Kontrolluntersuchungen sind bei der Therapie des Magengeschwürs immer notwendig, sagt Grotjahn: „Wir müssen wissen, ob das Geschwür abgeheilt ist, weil sich in Wirklichkeit eine Krebserkrankung hinter dem Geschwür verbergen kann. Dies gilt fast nie für das 12-Finger-Darmgeschwür.“ Die Dauer der Heilung hängt von der Größe und Tiefe des Geschwürs sowie von den Lebensumständen des Betroffenen ab. Viel Stress, Ärger und Unruhe erschweren die Heilung. Magengeschwüre, die nicht auf Medikamente reagieren, müssen gegebenenfalls operiert werden. Dabei wird ein Teil des Magens entfernt. Die Operation von Magengeschwüren ist heutzutage fast nie mehr notwendig.