Wir haben „ein Kribbeln im Bauch“ oder ein bestimmtes „Bauchgefühl“, wenn wir auf dem Weg zu einem Meeting mit schwierigen Geschäftspartnern sind. Sorgen „fressen“ wir beim Mittagessen mit „in uns hinein“. Schon unsere Sprache deutet darauf hin: Psyche und Verdauung hängen eng zusammen. Eine langwierige Präsentation, komplizierte Verhandlungen oder andere emotional aufregende Ereignisse können Magenschmerzen und Verdauungsprobleme verursachen und das kann niemand in diesen Situationen gebrauchen. Prof. Dr. med. Ahmed Madisch ist Gastroenterologe und Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, interventionelle Endoskopie, Diabetologie und Akutgeriatrie am KRH Klinikum Siloah.
Warum bekomme ich überhaupt Magenschmerzen und Verdauungsprobleme, wenn ich Stress habe?
Prof. Madisch: Tatsächlich kann die Psyche den Magen und die Verdauung erheblich beeinflussen. Das Magen-Darm-Nerven-System (auch Bauchhirn genannt) ist sehr komplex und steht in enger Verbindung zum zentralen Nervensystem. So übernimmt unter Stress jener Teil des vegetativen Nervensystems die Regie, der den Körper für Kampf, Flucht und andere Herausforderungen vorbereitet. Der sogenannte Sympathikus steuert plötzlich die Organfunktionen. Der Herzschlag beschleunigt sich, die Atemfrequenz steigt. Die Darmaktivität wird heruntergefahren, weil Verdauungsprozesse in solchen Situationen wertvolle Energie rauben. Dauerstress, zum Beispiel durch Sitzungsmarathons, kann die Verdauung empfindlich stören.
Welche Rolle spielen bei Magen-Darm-Problemen die Ernährung und mein Lebensstil?
Prof. Madisch: Ich rate dazu, über das eigene Verhalten nachzudenken. Esse ich immer zwischendurch? Was esse ich? Wie viel Kaffee trinke ich? Sollte ich meinen Zigaretten- und Alkoholkonsum reduzieren? Und dann können Sie in kleinen Schritten etwas verändern. Vor absehbaren Stresssituationen ist es zum Beispiel besser, leichte, fettarme Mahlzeiten zu essen. Planen Sie Ihre Mahlzeiten so, dass anschließend Zeit für eine Entspannungspause bleibt.
Wenn Sie auf Stress mit Magen-Darm-Beschwerden reagieren, sollten darüber hinaus überlegen, Techniken zu erlernen, die man als Stressmanagement bezeichnet. Yoga oder autogenes Training etwa zeigen oft auch ihre Wirkung im Magen-Darm-Trakt.
Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?
Prof. Madisch: Wenn Sie öfters unter Magen-Darm-Problemen leiden, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, denn es kann auch ein Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung sein. Auf jeden Fall sollten Sie zu Ihrem niedergelassenen Arzt gehen, wenn die Bauchdecke hart ist, der Bauch berührungsempfindlich ist, wenn man heftig erbricht, wenn Fieber dazukommt, Blut im Urin oder Stuhl auftaucht und wenn die Bauchschmerzen länger als drei Tage anhalten.