Die systematische Aussonderung und Tötung „lebensunwerter“ Menschen mit psychischen oder körperlichen Behinderungen im Nationalsozialismus gehört zu den dunkelsten Kapiteln der Medizingeschichte. Die KRH Psychiatrie Langenhagen hat in der vergangenen Woche im Rahmen einer Feststunde das von den hannoverschen Künstlern Hans-Jürgen und Almut Breuste geschaffene Denkmal „ANHALTEN ALLE UHREN“ der Öffentlichkeit übergeben, das an die Verbrechen in der NS-Psychiatrie erinnern soll.
Auch die KRH Psychiatrie Langenhagen war als damalige „Nervenklinik Langenhagen“ Teil der menschenverachtenden NS-Psychiatrie. Aus Langenhagen wurden auf behördliche Weisung „lebensunwerte“ Patienten in andere Heil- und Pflegeanstalten verlegt, von wo sie dann im Rahmen des sogenannten Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten in Vernichtungslager gebracht und getötet wurden. Direkte Transporte von Patienten aus Langenhagen in die Vernichtungslager hat es nicht gegeben. Die Gesamtzahl der Opfer der NS-Psychiatrie wird auf 300.000 geschätzt, zudem sind rund 400.000 Menschen auf Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert worden.
Die würdevolle Veranstaltung in der Festhalle der Langenhagener Fachklinik wurde von klassischer Musik des Vereins „Yehudi Menuhin Live Music Now“ begleitet. Den Hauptvortrag über den Forschungsstand zur NS-Psychiatrie hielt Dr. Sebastian Stierl, Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Klinik Lüneburg. Über die Opfer der barbarischen NS-Psychiatrie sei wenig bekannt, betonte Stierl. Von den 481 Patienten, die allein aus Lüneburg in die Tötungslager transportiert wurden, gebe es nur von drei Opfern Fotos. Stierl stellte die von ihm zusammengetragenen Lebensdaten der drei ermordeten Menschen vor. Die Täter seien kaum zur Rechenschaft gezogen worden, sagte Stierl. Bei 438 Verfahren gegen Ärzte und Pflegekräfte habe es nur 30 Urteile gegeben, darunter viele Freisprüche.
Bei der Veranstaltung war auch die Künstlerin Almut Breuste dabei; ihr Ehemann Hans-Jürgen Breuiste verstarb im Frühjahr dieses Jahres. Das renommierte Künstlerpaar Breuste schuf viele Objekte aus Eisen und Stahl, eines ihrer Hauptwerke sind die „Rosebusch-Verlassenschaften“ im ehemaligen Umspannwerk in Hannover-Ahlem, das der Industriegeschichte in Verbindung mit Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen gewidmet ist.
„Was im Namen einer als wissenschaftlich bezeichneten Psychiatrie in der Zeit der NS-Herrschaft Menschen von Menschen angetan wurde, ist uns Heutigen Mahnung und verpflichtender Auftrag“, betonten die Direktoriumssmitglieder der KRH Psychiatrie Langenhagen, Birgit Krukemeier, Dr. Stefan Mohr und Matthias Nowack. Das Denkmal im Langenhagener Klinikpark soll dazu beitragen, die Geschichte nicht zu vergessen. In der KRH Psychiatrie Wunstorf gibt es seit 2001 ein Denkmal zur Erinnerung an die Verbrechen in der NS-Psychiatrie.