Zwölf bundesweit führende Lungenheilkundler und Experten für Beatmungsmedizin haben jetzt unter Federführung von KRH-Chefarzt Prof. Dr. Bernd Schönhofer eine neue Leitlinie zum Thema „Prolongiertes Weaning“ in der Zeitschrift für Pneumologie und Beatmungsmedizin veröffentlicht. Die ausführliche Leitlinie gibt auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und in der Praxis bewährter Erfahrungen mehr als 50 konkrete Therapie-Empfehlungen für die Entwöhnung („Weaning“) langzeitbeatmeter Patienten vom Beatmungsgerät, bei denen die Entwöhnung aufgrund von zusätzlichen Krankheiten oder hohem Alter besonders lange dauert („prolongiertes Weaning“).
Bei rund 20 Prozent der Patienten, die aufgrund akuten Lungenversagens auf maschinelle Beatmung angewiesen sind, dauert die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung deutlich länger. Hohe Expertise der Lungenfachärzte im Weaningzentrum und eng verzahnte interdisziplinäre Versorgung gemeinsam mit Fachärzten für Innere Medizin, Anästhesie, HNO, Chirurgie, Fachkräften aus den Bereichen Logopädie, Physio-, Atmungs-, Ergo- und Schmerztherapie sowie psychiatrische/psychologische und neurologische Betreuung sind für den Heilerfolg beim „prolongierten Weaning“ wesentlich, betonen die Autoren der Leitlinie.
Die Leitlinie wurde auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in den vergangenen sechs Jahren entwickelt. Weitere 15 wissenschaftliche Fachgesellschaften verschiedener medizinischer Disziplinen sowie Institutionen aus den Bereichen Pflege und Medizintechnik waren beteiligt. Die Autoren der Leitlinie zitieren mehr als 500 Beiträge aus der wissenschaftlichen Fachliteratur. Die Leitlinie wird als Pocketversion mit einer Auflage von rund 10.000 Exemplaren im Thieme-Verlag veröffentlicht.
Prof. Schönhofer, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Intensiv- und Schlafmedizin im KRH Klinikum Oststadt-Heidehaus, ist seit zwanzig Jahren Erst- bzw. Mitautor von mehreren Leitlinien in seinem Fachgebiet. In der DGP leitet er die Projektgruppe „WeanNet“ – ein Verbund von rund 100 pneumologischen Weaning-Einheiten, die auch für die Zertifizierung der Weaningszentren verantwortlich ist. Die Weaningeinheit der Klinik für Pneumologie und Intensivmedizin kooperiert eng mit der benachbarten interdisziplinären Intensivstation und der auf Heimbeatmung spezialisierten Normalstation. Die Entwöhnungs-Therapie wird ein wichtiger Schwerpunkt im neuen KRH Klinikum Siloah – Oststadt-Heidehaus sein, in dem nach den Sommerferien die bestehenden KRH Krankenhäuser Siloah und Oststadt-Heidehaus unter einem Dach in einem modernen Groß-Klinikum zusammenarbeiten.
Der Bedarf für Weaningtherapie steigt, da zunehmend Patienten mit schweren Lungen- oder Herzerkrankungen zu versorgen sind, die künstlich beatmet werden müssen. Hinzukommt die wachsende Zahl von Menschen, die im hohen Alter operiert werden und die zum großen Teil ebenfalls über einen längeren Zeitraum maschinelle Atemunterstützung brauchen.
Neue Leitlinie zum Thema „Extrakorporale Therapie bei Lungenversagen“
KRH-Chefarzt Prof. Schönhofer ist von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) jetzt in seiner Funktion als Sprecher der Expertengruppe für Respiratorisches Versagen berufen worden, in den nächsten drei Jahren in der Redaktionsgruppe einer neuen Leitlinie zum Thema „Extrakorporale Therapie bei Lungenversagen“ mit zu arbeitet.
In dieser Leitlinie geht es um den Einsatz von sogenannter ECMO-Medizintechnik (künstliche Lunge). Das ECMO-Gerät kann vorübergehend die Funktion der Lunge übernehmen. Es entlastet das geschädigte Organ, das sich während der Behandlung erholen kann.
Nach intensiver Schulung des Behandlungsteams wird die ECMO-Technik auf der Intensivstation im KRH Klinikum Oststadt-Heidehaus seit Anfang 2013 bei Patienten mit schweren Lungenentzündungen und Lungenversagen eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird sauerstoffarmes, kohlendioxidreiches Blut aus dem Körper des Patienten in die „ECMO-Lunge“ gepumpt. Dort wird das Blut vom Kohlendioxid befreit und mit Sauerstoff angereichert. Anschließend wird das sauerstoffreiche Blut wieder in den Körper zurückgeleitet. Die Patientenlunge wird durch diese Therapie geschont, damit sie keinerlei Belastungen ausgesetzt ist und sich regenerieren kann.