Eine Patientin mit einem bösartigen Hirntumor ist von einem Ärzteteam im KRH Klinikum Nordstadt im Wachzustand operiert worden. Das selten praktizierte OP-Verfahren, das nur in Einzelfällen eingesetzt wird, wenn ein Tumor besonders problematisch gelegen ist, wurde erstmals in der von Prof. Erol Sandalcioglu geleiteten Klinik für Neurochirurgie angewandt.
Da sich der pflaumengroße Tumor in unmittelbarer Nähe zum Bewegungszentrum befand, sollte das Risiko der Schädigung des gesunden Hirngewebes so weit wie möglich eingedämmt werden. Nachdem die Schädeldecke in einem „leichten Dämmerschlaf“ unter örtlicher Betäubung geöffnet war, wurde die Patientin „geweckt“, um die Hirnfunktionen während des Eingriffs sicher überwachen zu können.
Ein Neurologe forderte die 55-jährige Frau aus Hannover zum Beispiel mehrmals auf, ihre rechte Hand zur Faust zu ballen, während der Operateur die Tumormasse mit schonender minimal-invasiver Technik entfernte. Den rund vierstündigen Eingriff erlebte die Patientin schmerzfrei, da die Kopfhaut mit Spritzen betäubt war. Das Gehirn selbst ist völlig schmerzunempfindlich. Der Anästhesist Dr. Martin Schott überwachte die Vitalfunktionen der Patientin wie Atmung, Herz- und Kreislauf.
Ein gut eingespieltes OP-Team aus Ärzten und Pflegekräften und das Vertrauen des Patienten sei die Grundlage für das Gelingen solch einer außergewöhnlichen Operation, betont Dr. Islam Gawish, der die 55-Jährige operierte. Die Patientin besuchte am Tag vor dem Eingriff den OP-Saal und ihr wurden alle Medizingeräte und Instrumente erklärt. Der Eingriff verlief in ruhiger und entspannter Atmosphäre, es war sogar ein kleiner scherzhafter Dialog zwischen Operateur und Patientin möglich: „Es ist jetzt zwölf Uhr, darf ich eine Mittagspause machen?“, lautete eine nicht ernsthafte Frage von Dr. Gawish. „Oh nein, bitte weitermachen“, antwortete die Patientin mit klarer Stimme.
Die 55-Jährige ist nach zehntägigem Klinikaufenthalt nach Hause entlassen worden. Als weitere ambulante Behandlung folgen Chemo- und Strahlentherapie.